Der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Peter Nowak erinnert in der jungle world an historische Verantwortung und aktuelle Verdrängung:
Das Datum erinnert an den Beginn des bis 1908 andauernden Vernichtungskrieges deutscher Kolonialtruppen im heutigen Namibia. Verantwortliche Militärs sprachen damals offen aus, dass die Menschen, die sich gegen die deutsche Kolonialherrschaft wehrten, vernichtet werden müsten. Einige der daran beteiligten Militärs gehörten später zu den Unterstützern der Nationalsozialisten. Auch die Methoden, die gegen die afrikanischen Bewohner angewandt wurden, nahmen teilweise den Terror der Nazis vorweg. So wurden Tausende Afrikaner in eine wasserlose Wüste getrieben, wo sie dem Tod ausgeliefert wurden. Wer sich den wenigen von deutschen Militärs bewachten Wasserstellen näherte, wurde erschossen. Frauen und Kinder sollten ausdrücklich nicht verschont werden. »Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schießen«, hieß es im berüchtigten Vernichtungsbefehl des verantwortlichen Generalleutnants Lothar von Trotha. Afrikanische Gefangene wurden in Lager gepfercht, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit beim Straßenbau verrichten mussten. Dominik Schaller, Historiker an der Universität Heidelberg, kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte der Inhaftierten infolge von Krankheiten, Zwangsarbeit und Mangelernährung gestorben sind. Bis zu 80 000 Afrikaner sind den deutschen Kolonialtruppen zum Opfer gefallen. Nicht nur die Form des Terrors, sondern auch die Formierung der Heimatfront nahm die Methoden der Nazis vorweg. Bei den als »Hottentottenwahlen« in die Geschichtsschreibung eingegangenen Reichstagswahlen wurden alle Kritiker der deutschen Kolonialpolitik, die vor allem beim linken Flügel der Sozialdemokratie und vereinzelt im bürgerlichen Lager zu finden waren, als Vaterlandsverräter diffamiert. Damals formierte sich erstmals eine frühe »Volksgemeinschaft«, die bis ins Lager der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften reichte und den Terror der Kolonialtruppen als Kampf um Deutschlands »Platz an der Sonne« unterstützte.
Auch mehr als 100 Jahre später ist dieser Teil der deutschen Verbrechensgeschichte wenig aufgearbeitet. So wird jedes Jahr am Volkstrauertag vor dem Herero-Stein auf dem Garnisonsfriedhof am Berliner Columbiadamm der deutschen Soldaten gedacht, die im Kolonialkrieg gegen die Herero und Nama starben. Seit 2009 erinnert eine Tafel an die »Opfer des Kolonialkrieges«. Weder Opfer noch Täter werden benannt. Für ein antifaschistisches Bündnis, das seit einigen Jahren gegen die Ehrung der deutschen Krieger protestiert, ist diese Formulierung Ausdruck von Geschichtsrevisionismus. Unter dem Motto »Deutsche Helden vom Sockel holen« ruft es anlässlich der Feierlichkeiten, die am Volkstrauertag am Columbiadamm veranstaltet werden, zu einer Kundgebung auf dem Garnisonsfriedhof auf. Die Nachfahren der afrikanischen Opfer deutscher Kriegspolitik haben also Verbündete, die allerdings nicht in der Bundesregierung sitzen.
Es ist gräuslich und kalt, wie mit der neueren Geschichte umgegangen wird. Deutsche Geschichte ist die des Willens und Wollens eines Volkes zur Vernichtung anderer Völker, Menschen und Kulturen. Deutscher Geschichte ist  eine Traditionslinie vom Kolonialismus über den Nationalsozialismus eigen, die eine Blutspur über mehrere Kontinente legte, erinnert sei hier an die Mitverantwortung und Beihilfe an der Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich, und im Totalen Krieg und dem Holocaust einen traurigen Endpunkt setzte. Die Mahnung und Verantwortung dieser Geschichte ist nicht akzeptiert.

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